Das Phänomen Personal Branding ist die Antwort auf eine Wirtschaft, in der auch das Thema Arbeit marktförmig organisiert ist. Arbeitnehmer verkaufen ihre Zeit, ihre Fähigkeiten und ihre Energie auf dem Arbeitsmarkt. So weit, so offensichtlich.
Dabei stehen sie im Wettbewerb mit anderen, ähnlich qualifizierten Menschen um die besten Arbeitsplätze. Was auch nicht neu ist.
In dieser Wettbewerbssituation soll nun Personal Branding helfen, sich gegen Mitbewerber durchzusetzen. Zwar hat sich das Phänomen in Deutschland noch nicht recht durchgesetzt. Aber wie alles aus den USA wird es – mit einem gewissen Zeitversatz – sicher auch bei uns vermehrt auftreten.
Da wir von metru Experten auf dem Gebiet Bewerbung, Recruiting und Talent Management sind, liegt es nahe, dass wir auch das Thema Selbstmarketing und Personal-Branding ein wenig tiefer ausloten.
Branding, also Marken, gibt es schon länger. “Die Idee der Verbrauchermarke entstand im späten 19. Jahrhundert, und das Consumer Branding – die Verbindung von Konsumgütern mit einem leicht identifizierbaren Markennamen – erlebte seine Blütezeit von etwa 1920 bis 1970. (...)
In den 1970er und 1980er Jahren kam es jedoch zu einem verstärkten Wettbewerb auf einem expandierenden Markt, sowohl bei den Konsumgütern selbst als auch bei den Medien, über die sie vermarktet wurden. Insbesondere das Aufkommen des Kabelfernsehens brachte neue Herausforderungen, aber auch Chancen für die Markenbildung als Kommunikationsstrategie mit sich, da das Fernsehen nun breitere Zielgruppen ansprach.”
Das Konzept des “Personal Branding” dagegen wurde erstmals 1997 von Thomas J. Peters präsentiert. Er nannte es noch nicht “Personal Branding”, sondern “Brand You”. Er veröffentlichte einen Artikel und später auch ein Buch mit dem Titel “The Brand Called You”. Darin popularisierte er diese spezielle Form der Selbstvermarktung, für die sich erst etwas später der Begriff “Personal Branding” durchsetzte.
Ganz einfach, Personal Branding ist die Schaffung der Marke einer Einzelperson.
Eine Marke ist ein einzigartiges Zeichen, ein Symbol, ein Wort oder eine Kombination davon, die ein Image schaffen, das ein Produkt oder Unternehmen identifiziert und es von der Konkurrenz unterscheidbar macht. Dieses Image wird mit der Zeit in der Wahrnehmung von Kunden und Arbeitgebern mit Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Qualität und Zufriedenheit assoziiert. Auf diese Weise etabliert sich die Marke und bündelt die Aufmerksamkeit.
Die persönliche Marke ist also ein Versprechen, das den Kunden/Arbeitgebern gegeben wird. Es sagt diesen, welches Maß an Wertschöpfung von den Produkten und Dienstleistungen der Person zu erwarten sind. Es unterscheidet das Angebot der Person von dem der Wettbewerber.
Der jeweilige Wert der Marke hängt dabei wesentlich von der Reichweite der Person ab. Je größer das Publikum, desto höher ist der Wert der Personal Brand.
Die persönliche Marke ist die Summe dessen, wer die Person ist, wer sie sein will und wer sie in der Wahrnehmung der Menschen ist. Und diese Summe ist das, was andere über uns denken und sagen. Oder wie Jeff Bezos formulierte: “Your brand is what people say about you when you’re not in the room.”
Zum Aufbau einer Personal Brand ist eine gewisse kommunikative Offenheit und Transparenz der Person erforderlich, um Glaubwürdigkeit herzustellen.
Zudem braucht es einen konsistenten unverwechselbaren Blickwinkel. Denn dieser sorgt für Unterscheidbarkeit. Wer außer Gemeinplätzen wenig zu sagen hat und versucht, allen alles zu sein, baut bestenfalls eine verwässerte, unwirksame Marke auf. Franz Joseph Strauß, eine der unverkennbarsten Personal Brands in der deutschen Politik der Nachkriegszeit, fasste dies so zusammen: “Everybody's darling is everybody's Depp.”
Einerseits wurzelt eine Personal Brand tief in der jeweiligen Person. Andererseits ist die Verbindung zwischen Marke und Produkt/Person eine eher vage, unausgesprochene. Das hat Vorteile. Denn das Produkt bzw. die Persönlichkeit hat so die Möglichkeit, sich innerhalb dieses Rahmens flexibel weiterzuentwickeln. Als Beispiel dafür lässt sich Madonna nennen, die immer wieder für ihr gelungenes Personal Branding angeführt wird. Einerseits hat sie seit ihren Anfängen kontinuierlich an ihrer Marke gearbeitet, aber sich andererseits mit jedem Album neu erfunden.
Fest steht jedenfalls, je größer unsere Ambitionen und die Anzahl ebenfalls in Betracht kommender Mitbewerber, umso mehr sind wir gehalten, unsere Arbeitskraft auf die gleiche Weise zu vermarkten wie jedes andere marktgängige Produkt. Dazu gehört dann eben auch Personal Branding. Denn eine Marke macht uns unterscheidbar von anderen Angeboten auf dem Markt. Außerdem kann sie mit komplexen Bedeutungen aufgeladen sein. Sie “verdichtet und symbolisiert eine Botschaft, sie steht für bestimmte Werte und weckt Emotionen.”
Auf eine wichtige Unterscheidung müssen wir aber noch hinweisen.
Hans Domizlaff, der einen Klassiker zu Aufbau und Pflege von Marken geschrieben hat, unterscheidet streng zwischen einer Marke und Werbung.
Eine Marke ist für ihn etwas, das stabile, gut (ein)geführte Unternehmen langfristig entwickeln, indem sie zuverlässig Produkte in gleichbleibend guter Qualität zu einem guten Preis liefern.
Er stellt solche etablierten Unternehmen in einen Gegensatz zur Marktschreierei. Diese kann keine Marken aufbauen. Denn sie ist laut, grell, wechselhaft und auf schnellen Umsatz orientiert. Wenn das Produkt sich als Müll erweist, hat der Marktschreier meist schon die Szene verlassen. Selbstmarketing, das diese Eigenschaften aufweist, ist dementsprechend nicht geeignet, eine langfristig wirksame Marke aufzubauen.
Es hat sich bereits oben in der Geschichte des Personal Branding angedeutet. Dieses ist ohne bestimmte mediale Voraussetzungen weder erforderlich noch möglich. Denn zuerst braucht es die Medien, in denen die Marke etabliert werden kann (und muss).
Deshalb ist Personal Branding im heutigen Ausmaß erst seit dem Siegeszug des Internets möglich. Erst durch das Internet und insbesondere Social Media sind Reichweiten möglich, die zur Etablierung einer großen Anzahl von Marken erforderlich sind. Denn der Zugang zur Öffentlichkeit wurde erst durch das Internet so niederschwellig, dass es vielen Menschen möglich ist, sich öffentlich zu präsentieren. Und um aus diesen Vielen herauszustechen, braucht es die Wiedererkennbarkeit einer Marke. Ein gutes Beispiel dafür ist Sascha Lobo, der ohne seine knallrote Irokesenfrisur vielleicht bis heute wenig mehr als ein kompetenter, meinungsfreudiger Werbetexter und Autor wäre.
Jetzt mögen manche einwenden: Ja, aber Madonna hat es doch auch geschafft, zur Marke zu werden – fünfzehn Jahre, bevor das Internet überhaupt zum massentauglichen Medium wurde. Und es stimmt, sie hat es auch ohne das Internet und seine Reichweite geschafft. Aber sie brauchte auch kein Internet. Denn sie war bei einer Tochterfirma von Time Warner, einem der weltweit größten Medienkonzerne, unter Vertrag. Time Warner konnte ihr auch ohne Internet die nötige Reichweite verschaffen.
Personal Branding ist also etwas, das einst nur Popstars und ähnlich prominenten Menschen vorbehalten war. Aber inzwischen hat sich das Starsystem vom Entertainment auf den Rest der Arbeitswelt ausgedehnt. Wie einst Steve Jobs und heute Richard Branson und Elon Musk treten die zentralen Personal Brands der Wirtschaft auf wie Rock- oder Filmstars – inklusive Fans wie beispielsweise Frank Thelen, der alles gut findet, was Elon Musk tut.
Die Fachwelt ist sich einig: Das reine Image ist noch keine Marke. Denn ein Image kann sich im Gegensatz zu einer Marke leicht ändern. Dagegen ist eine Personal Brand tief in der jeweiligen Person verankert. Sie hat eine enge Beziehung zur Persönlichkeit und umfasst deren Fähigkeiten, Erfahrungen, Werte, Authentizität, Vision, Ziele sowie deren Wahrnehmung durch andere.
Deshalb sind starke Personal Brands werteorientiert, unterscheidbar, relevant, konsistent und authentisch.
Hier kommen wir nun zu dem Punkt, an dem Personal Branding für Unternehmen wichtig ist.
Kurz gesagt, Unternehmen profitieren davon, wenn Menschen mit einer reichweitenstarken und intakten Personenmarke für sie arbeiten. Nicht nur sind sie kompetent in dem, was sie tun, und liefern wertvolle Beiträge zur Wertschöpfung des Unternehmens. Denn ihre Außendarstellung, ihre Bekanntheit färben positiv auf die des Unternehmens ab.
Dadurch sind Menschen mit einer bekannten Personal Brand in der Lage, den Erfolg ihrer Unternehmen in einer Weise zu vervielfachen, die mit Innovationsfreude und solider Betriebswirtschaft allein kaum erreichbar ist.
Ein gutes Beispiel ist Steve Jobs. Seine Personal Brand machte es möglich, dass Apple auch für Produkte gefeiert wurde, die verglichen mit denen der Mitbewerber gar nicht so richtig sensationell waren. Aber die Reputation des Konzerns und der fast messianische Charakter der Person Steve Jobs überstrahlten diese Tatsache mühelos. So wurde Apple zu einer der wertvollsten Marken der Weltwirtschaft.
Eine Möglichkeit, die eigene Marke zu gestalten, ist natürlich auch die Pflege einer spezifischen, persönlichen Ästhetik. Auch hier wäre wieder Sascha Lobo mit seinem knallroten Irokesenschnitt zu nennen, der auf kaum überbietbare Weise zu seiner Wiedererkennbarkeit beiträgt.
Elton Johns Vorliebe für exzentrische Brillen fällt in die gleiche Kategorie.
Steve Jobs’ Auftritte in Jeans, Pullover und Turnschuhen waren ebenfalls für dessen Personal Branding relevant. Dass er von der gängigen CEO-Praxis des Tragens hochpreisiger, maßgefertigter Anzüge, Hemden und Schuhe abwich, war ebenfalls eine Form des Personal Branding. In diesem Fall besteht es im Understatement, das es nicht nötig hat, über Statussymbole zu wirken.
Mit der Modifikation solcher Äußerlichkeiten sollte jedoch letztlich nur anfangen, wer unterhalb der sichtbaren Oberfläche etwas vorzuweisen hat, das seine Marke ausmacht. Andernfalls handelt es sich doch wieder nur um Blenderei.
Auch die Ästhetik und Tonalität sollten natürlich an die jeweilige Karrierephase und die Stellung im Unternehmen angepasst sein. Denn so mancher Chef könnte verschnupft reagieren, wenn er befürchten muss, dass die Personal Brand eines seiner Angestellten seine eigene zu überstrahlen beginnt.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ursprünglich war Personal Branding etwas, das nach Film- und Popstars hauptsächlich für Führungskräfte, Freiberufler und Wissenschaftler relevant war. Als abhängig beschäftigter Tiefbauer, Elektriker, Haustechniker oder Raumpfleger dagegen muss man sich wohl nicht allzu viele Gedanken zu diesem Thema machen. Zwischen diesen beiden Enden der Jobspektrums gibt es aber viele Zwischenstufen. Für viele Angestellte innerhalb dieses Spektrums kann gutes Personal Branding (in angemessenem Ausmaß) sehr wirksam und nützlich sein.
Bleibt nur noch festzuhalten, dass Personal Branding sich nicht sonderlich trennscharf von benachbarten Themengebieten abgrenzen lässt. Auf diesen Gebieten kann es ebenfalls wirksam sein – wenn es gelungen ist.
So lässt sich gutes Personal Branding unter günstigen Umständen zu einer Karriere als (Corporate) Influencer aufbohren. Ein solcher kann seine Personal Brand in den Dienst einer Marke stellen und damit dem Branding von Unternehmen nützen.
Oder die Personal Brand kann mit dem Employer Branding/Personalmarketing eines Unternehmens verbunden werden und es fördern. Hier lässt sich zum Beispiel Cawa Younosi nennen, der Head of HR bei SAP Deutschland und eine der LinkedIn Top-Voices ist. Auf LinkedIn postet er nicht nur als Autorität auf seinem Fachgebiet. Er betreibt zusammen mit seinem Personal Branding auch das Employer Branding seines Arbeitgebers. SAP hat es auf LinkedIn auch unter die Top Employer gebracht.
Dann gibt es noch den Begriff der sogenannten Social CEOs wie Tina Müller (Douglas) oder Richard Branson (Virgin). Auch bei ihnen fließen Personal Branding und die Markenkommunikation ihrer Unternehmen zusammen und verstärken sich gegenseitig.
Ihr Auftritt fördert die Bekanntheit der Marke ihres jeweiligen Unternehmens.
Kurz und gut, Unternehmen profitieren davon, wenn sie Menschen mit einer starken Personal Brand einstellen.
Dieser Blogpost wurde erstmals im Oktober 2022 in unserem alten Recruiter-Blog veröffentlicht.