Im Dezember 2023 trat das Hinweisgeberschutzgesetz (auch Whistleblower-Gesetz) in Kraft, welches Unternehmen dazu verpflichtet, sichere Kanäle für Hinweisgeber (Whistleblower) bereitzustellen. Jetzt, fast ein Jahr später, müssen alle Unternehmen ein Hinweisgebersystem implementiert haben.
Das Einrichten eines Hinweisgebersystems ist längst nicht nur eine Frage der Compliance. Es geht um weit mehr: Es geht darum, wie Unternehmen mit Missständen umgehen, wie transparent die Unternehmenskultur ist und wie sehr sich Mitarbeitende darauf verlassen können, dass ihre Sorgen ernst genommen werden. Ein fehlendes oder schlecht umgesetztes System kann erhebliche rechtliche Risiken und Schäden für die Reputation mit sich bringen.
Ein Hinweisgebersystem ist ein organisatorisches Werkzeug, das Mitarbeitenden und Dritten (z. B. Lieferanten oder Kunden) die Möglichkeit bietet, Missstände wie Betrug, Korruption, Diskriminierung oder Verstöße gegen interne Richtlinien anonym oder vertraulich zu melden.
Laut dem Hinweisgeberschutzgesetz müssen Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden bis spätestens Dezember 2023 ein solches System bereitstellen. Es muss dabei sicherstellen, dass die Identität des Hinweisgebers geschützt wird und keine negativen Konsequenzen für die meldende Person entstehen. Doch viele Unternehmen unterschätzen immer noch die Komplexität und Bedeutung eines solchen Systems.
Ein effektives Hinweisgebersystem ist nicht nur ein technisches Tool, sondern ein wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Transparenz und Schutz vor Repressalien aufbaut. Ein rein „technisches“ System wird den eigentlichen Zweck oft nicht erfüllen, wenn das Vertrauen der Mitarbeitenden fehlt oder sie fürchten, dass ihre Meldungen nicht ernst genommen werden.
In Zeiten von sozialen Medien verbreiten sich Informationen schneller als jemals zuvor. Wenn interne Missstände nicht sicher und anonym innerhalb des Unternehmens gemeldet und behandelt werden können, riskieren Unternehmen, dass diese Informationen nach außen dringen und öffentlichen Schaden verursachen. Dies kann nicht nur zu einem erheblichen Reputationsverlust führen, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit in das Unternehmen erschüttern.
HR-Abteilungen spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, eine Kultur der Offenheit zu fördern, in der Missstände ohne Angst vor Repressalien gemeldet werden können. Ein Hinweisgebersystem bietet den nötigen Schutz und schafft einen sicheren Raum für Mitarbeitende, um Probleme zu adressieren, bevor diese eskalieren.
Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen, ein funktionierendes System zur Verfügung zu stellen, das Meldungen aufnimmt, vertraulich behandelt und einer zügigen Klärung zuführt. Dies ist nicht nur eine Frage der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften – es ist eben auch eine Frage der Unternehmensführung.
Ein Hinweisgebersystem ist dabei keine einmalige Implementierung, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßig überprüft und verbessert werden muss. HR-Manager sollten sicherstellen, dass das System nicht nur den technischen Anforderungen genügt, sondern auch gut in die bestehende Unternehmenskultur integriert ist. Nur so können Sie die potenziellen rechtlichen Risiken minimieren und gleichzeitig einen positiven Effekt auf das Betriebsklima erzielen.
Studien zeigen, dass Unternehmen, die transparente Prozesse haben und ihre Mitarbeitenden in Entscheidungen einbinden, eine höhere Mitarbeiterbindung aufweisen. Vertrauen ist der Grundstein jeder guten Arbeitsbeziehung. Wenn Mitarbeitende wissen, dass sie Missstände sicher und anonym melden können und dass ihre Meldungen ernst genommen werden, steigt das Vertrauen in die Unternehmensführung und in die Integrität des Unternehmens.
Somit ist die Implementierung eines richtlinienkonformen Hinweisgebersystems nicht nur rechtlich erforderlich, sondern prägt auch das Employer Branding.
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